Dynamik der Volkssprachigkeit im Europa der Renaissance. Akteure und Orte.
Dynamique des langues vernaculaires dans l’Europe de la Renaissance. Acteurs et lieux.
DFG / ANR-09-FASHS-027
Im Zusammenhang gegenwärtiger Debatten über das kulturelle Profil Europas soll der Ausbau der Volkssprachen zu Wissenschafts-, Kunst- und Verkehrssprachen im Europa der Frühen Neuzeit untersucht werden. Damit knüpft das Projekt an die reiche Forschung zur Geschichte der einzelnen Nationalsprachen an, nimmt aber zugleich einen entschiedenen Wechsel der Perspektive vor. Die bisherige Forschung war nämlich totalisierend (d.h. sie richtete sich in der Regel auf die Gesamtentwicklung einer Einzelsprache), teleologisch (d.h. sie privilegierte Phänomene, die sich in dieser Entwicklung tatsächlich durchgesetzt haben) und beim Vergleich unterschiedlicher Sprachen global (d.h. verglichen wurden ‚das‘ Deutsche mit ‚dem‘ Französischen oder ‚dem‘ Italienischen usw.). Demgegenüber konzentriert sich das geplante Projekt erstens auf ‚Partialgeschichten‘ einzelner ‚Laboratorien‘, in denen am Ausbau der jeweiligen Volkssprache gearbeitet wird. Es ist zweitens antiteleologisch, indem es nicht nur nach der Vorgeschichte später erfolgreicher Entwicklungen fragt, sondern gerade auch Phänomene betrachtet, die sich nicht durchsetzen oder später wieder aufgegeben werden. Es ersetzt drittens den globalen Vergleich durch die Untersuchung begrenzterer Konstellationen, in denen Sonderentwicklungen stattfinden. Das Projekt fokussiert ‚Laboratorien‘, in denen sich unterschiedliche Kulturen kreuzen, unterschiedliche Sprachen miteinander in Kontakt treten, die in Grenzregionen oder Orten verdichteter Kulturkontakte angesiedelt sind und in denen Personengruppen unterschiedlicher professioneller und intellektueller Ausrichtung zusammen arbeiten. Aus pragmatischen Gründen sollen drei exemplarische Typen solcher Laboratorien untersucht werden: Druckeroffizinen, professionelle Netzwerke (Militär, Handel) und Zentren der Mehrsprachigkeit (Höfe, mehrsprachige Metropolen). Diese Typen finden sich in ganz Europa und erlauben insofern sprachübergreifende Vergleiche, als sie bei allen Unterschieden Gemeinsamkeiten aufweisen. Auf diesem Feld verspricht insbesondere auch der Austausch zwischen der - traditionell stärker von der Zentrale aus denkenden, gesteuerte Prozesse fokussierenden - französischen Literatur- und Kulturgeschichte und der - traditionell stärker regionalisierenden, ungesteuerte Entwicklungen betrachtenden - deutschen Literatur- und Kulturgeschichte zu neuen tragfähigen Ergebnissen zu kommen.
Die Gesamte Darstellung des Projekts ist hier zu lesen.