Organisation: Jan-Dirk Müller (LMU) und Elsa Kammerer (Lille 3).
Les ateliers d’imprimeurs, lieux d'expérimentation des langues vernaculaires en Europe
PROGRAMM
PLAKAT
Um die Dynamik der Volkssprachigkeit im 16. Jahrhundert in ihrer gesamteuropäischen Bedeutung und Interdependenz zu erfassen, ist es geboten, die Aufmerksamkeit auf politische, sprachliche, kulturelle sowie konfessionelle Kontaktzonen zu richten. Der mikroskopische Blick auf eine einzige Stadt, wie im Fall des ‚Schmelztiegels Lyon’, eine Übergangs- und Grenzstadt (Frankreich-Italien, das Gebiet Rhein-Rhône), wo Druckereien stark vertreten sind und Französisch und Italienisch, aber auch Spanisch und Deutsch, Englisch und Niederländisch mischen (Projekt Kammerer), mag sich hier als ebenso fruchtbar erweisen wie eine breitere Perspektive, die eine ganze Region umfasst: Geradezu beispielhaft für einen solchen Grenz- und Kontaktraum ist der deutsche Südwesten (Projekt Müller/Brockstieger/Hon/Schaffert), wo Deutschland, Schweiz und Frankreich, das Französische und das Deutsche, der Katholizismus, das reformierte und das lutherische Bekenntnis aufeinandertreffen.
In konkreten Konstellationen ‚intellektueller‘ Zusammenarbeit wie den Druckeroffizinen werden daraus folgende Grenzziehungen, aber auch -überschreitungen ausgehalten, diskutiert oder zurückgewiesen. Kulturelle Impulse aus verschiedenen Richtungen werden verhandelt und in die Literaturproduktion mit eingebracht. Die Offizin stellt sich hierbei aufgrund der Beteiligung verschiedener, vielfach vernetzter Akteure wie der Drucker und Verleger selbst, der Herausgeber, Übersetzer, Formenschneider, Illustratoren etc. als besonders dynamisch heraus. Gerade für die deutsche Volkssprache, deren Literaturfähigkeit in Auseinandersetzung mit dem Lateinischen sowie den romanischen Literaturen immer wieder erprobt wird, erweist sich diese Konstellation als besonders fruchtbar.
In europäischer Perspektive und unter Einbeziehung weiterer Volkssprachen soll anhand ausgewählter Fallbeispiele näher beleuchtet werden, wie Offizinen unter den Vorzeichen bestimmter Standortfaktoren und personeller Konstellationen sowie besonderer fachlicher Interessen wie beispielsweise der Musikologie (Projekt Groote) oder der Bibelübersetzung (Projekt Engammare) im Dienste der vernakularen Sprachen tätig sind.